Ãœber Erziehung respektive Erziehungsstile wird viel diskutiert. Die Meinungen sind in der Regel gemacht und alle wissen, wie es die jeweils anderen besser machen könnten. Die Betroffenen selbst werden selten befragt. Nicht so bei Urs und Heidi Wolf. Die beiden haben ihre erwachsenen Töchter – nicht zum ersten Mal – gefragt, wie sie ihre Erziehung beurteilen. Passend zum Beginn des Kindergarten- und Schuljahres-Start haben die Töchter zwei Feedbacks gegeben.
«Ihr habt das Lernen zeitweise zu stark gewichtet», war eines der Feedbacks unserer erwachsenen Töchter, als wir sie um Feedback für unsere Erziehung fragten. «Natürlich schätzen wir alles, was ihr uns an Lerntechniken vermittelt habt. Auch das Voci-Abfragen war hilfreich. Aber manchmal war ich einfach zu müde zum Lernen.» Und die andere Tochter meinte: «Mami, du hast manchmal zu viel geholfen. Wenn ich zum Beispiel gefragt habe, was «rot» auf Französisch heisst, dann hast du gleich alle Farben erklärt.» Als Lernexperten haben wir die Tipps mit unseren drei Töchtern getestet (und manchmal auch etwas übertrieben…).
Als Eltern ist es nicht immer einfach, das richtige Maß, den goldenen Mittelweg zu finden. Erziehung ist oft wie eine Gratwanderung. Man kann auf die eine oder die andere Seite fallen. Uns haben die vier Erziehungsstile nach Diana Baumrind geholfen, uns immer wieder den Spiegel vorzuhalten und Einseitigkeiten auszugleichen.
Die Entwicklungspsychologin Diana Baumrind hat in dieser Grafik die Erziehungsstile nach zwei Kriterien definiert. Die vertikale Achse zeigt an, wie viel Liebe ein Kind erhält – Geborgenheit, Verständnis, Großzügigkeit und Wärme. Die horizontale Achse zeigt, ob man als Eltern auch Erwartungen ans Kind hat. Ob man etwas von ihm verlangt, altersentsprechende Regeln durchsetzt und ob man dem Kind neue, herausfordernde Schritte zutraut.
Wenn Eltern dem Kind beides – Liebe und altersgerechte Erwartungen – in hohem Masse zeigen, erziehen sie es autoritativ. Das Kind hat in vielen Lebensbereichen sehr gute Chancen und Voraussetzungen. Die Eltern fordern vom Kind einiges, vermitteln ihm aber auch bei Enttäuschung Sicherheit, Zuverlässigkeit und Geborgenheit.
Bei allen anderen Erziehungsstilen fehlt ein wichtiger Teil. Permissive Eltern sind zu lasch und zu weich, autoritäre zu streng und vernachlässigende Eltern geben weder Liebe noch haben sie Erwartungen.
Heidi und ich erfuhren, dass es auch für uns nicht einfach war, im richtigen Stil zu erziehen. Im Bereich Mithilfe im Haushalt waren wir eher zu permissiv. Bei der Schule waren wir manchmal zu autoritär. Doch diese Grafik half uns, uns immer wieder neu auszurichten.
In welchem Erziehungsstil wurde ich selber erzogen? Wie beeinflusst das die Erziehung meines Kindes?
Wo habe ich zu hohe Erwartungen und überfordere mein Kind?
Wo habe ich zu wenig Erwartungen?
Gebe ich genügend Zuneigung und Wärme?
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Urs Wolf ist Vater dreier Mädchen, die mittlerweile alle erwachsen sind. Von den drei Töchtern sind zwei bereits ausgeflogen.
Er ist Autor verschiedener Bücher über Lern- und Arbeitstechniken. Zusammen mit seiner Frau Heidi hält er Seminare für Eltern, die ihre Kinder schulisch unterstützen wollen (www.erfolginderschule.ch).