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Wir wissen es. Worte wie “alles”, “immer” und “nie” sind – zumindest, so wie wir sie in der Regel verwenden – Kommunikationskiller erster Güte. Trotzdem verwenden wir sie oft, in Gedanken oder ausgesprochen. Da geht es zum Beispiel um: Nie zuhören, jedes Spielzeug kaputt machen, immer reinreden, alles verschütten, nie aufräumen, immer zu spät kommen, immer am Handy sein. Bestimmt fallen dir noch eigene Formulierungen ein. Wir Menschen neigen zu Verallgemeinerungen.

Wir wissen es. Worte wie “alles”, “immer” und “nie” sind – zumindest, so wie wir sie in der Regel verwenden – Kommunikationskiller erster Güte.

Problematisch an diesen Aussagen ist, dass sie unser Gegenüber in die Defensive drängen. Ein Kind, dem ich sage, dass es immer reinredet, wird deswegen nicht damit aufhören. Im Gegenteil, es wird sich verteidigen – im besten Fall, indem es mir erklärt, warum es reinredet. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es mich angreift und mir vielleicht sagt, dass ich ihm nie Aufmerksamkeit schenke. Statt eine Verbindung zum Kind herzustellen, habe ich mit dieser Formulierung Widerstand ausgelöst. Außerdem ist die Formulierung schlicht falsch. Mein Kind redet nicht immer rein, ist nicht immer unordentlich usw. Niemand ist immer oder macht nie. 

Alles, immer, nie. Offensichtlich gelten, wenn es um die Liebe geht, andere Kommunikationsregeln. Aus Kommunikationskillern wird ein Maßstab für die Liebe.

Also weg mit solchen Formulierungen! Nie mehr denken, geschweige denn aussprechen, oder? Das dachte ich auch, bis ich vor ein paar Tagen wieder einmal den wohl bekanntesten Bibeltext über die Liebe* gelesen habe. Dort heißt es unter anderem: “Alles erträgt sie (die Liebe), in jeder Lage glaubt sie, immer hofft sie, allem hält sie stand. Die Liebe vergeht niemals.” Alles, immer, nie. Offensichtlich gelten, wenn es um die Liebe geht, andere Kommunikationsregeln. Aus Kommunikationskillern wird ein Maßstab für die Liebe.

Situationen, in denen wir Worte wie “alles”, “immer” und “nie” pauschal und negativ verwenden, deuten darauf hin, dass wir den Alltag mit unserem Kind als Herausforderung erleben und einen Tunnelblick auf das Kind entwickelt haben. Und dann finden wir, dass das Kind schwer zu lieben ist. Dabei ist lediglich unser Liebesmaßstab falsch eingestellt. 

Vielleicht hast du ein Kind, das im Moment etwas schwer zu lieben ist. Vielleicht, weil es oft seinen Willen durchsetzen will. Oder weil seine Wutanfälle so anstrengend sind. Oder weil es seine Geschwister ärgert. Oder nicht rechtzeitig aus dem Haus kommt, wenn es in den Kindergarten gehen sollte. Oder die Hausaufgaben mit viel Drama verbunden sind. Oder es dich so viel Kraft kostet, immer präsent zu sein.

Ich kenne solche Situationen. Meine Kinder haben ihre Baustellen. Diese Baustellen weisen oft auf meine eigenen hin. Zum Beispiel auf meine mangelhafte Vorstellung von Liebe. Denn hinter dem “Mein Kind ist im Moment schwer zu lieben” kann sich meine eigene verzerrte Vorstellung von Liebe verbergen: Ich fühle mich von meinem Kind geliebt, wenn es sich so verhält, wie ich es mir wünsche. 

Aber Liebe, wie Gott sie sich vorstellt, ist absolut und selbstlos. Und er traut mir zu, so zu lieben – mit dem Blick weg von mir selbst. Natürlich nicht bis zur Selbstaufgabe und ohne Rücksicht auf mich selbst. Aber im Vertrauen darauf, dass ich meine Sicherheit bei ihm habe und im Leben mit meinen Kindern nicht zu kurz komme.

Wie lauten deine Alles-, Nie- oder Immer-Sätze? Welche Herausforderung mit deinem Kind steckt dahinter?
Welcher Satz aus dem Text über die Liebe spricht dich, bezogen auf deine Alles-, Nie- oder Immer-Sätze, an? Was verändert sich dadurch an deiner Haltung und deinem Verhalten?

*1. Korinther, Kapitel 13

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