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„Schau mal, ein Vogel“, sagt der junge Mann und deutet auf das große Fenster neben sich. Gedankenverloren und ohne den Blick von ihrem Smartphone zu heben, antwortet seine Freundin: „Hmm, ok“. Dann scrollt sie weiter. Kopfschüttelnd dreht sich der Mann zur Kamera und sagt: „Test nicht bestanden, kein gutes Zeichen.“

Kurze Videos wie dieses finden sich massenhaft in den Sozialen Medien. Der sogenannte Bird Test soll zeigen, ob eine Partnerschaft eine Zukunft hat oder nicht. Wenn der Partner auf eine scheinbar belanglose Bemerkung über einen vorbeifliegenden Vogel mit Interesse reagiert, zeuge das von einer intakten Beziehung. Reagiert er hingegen gleichgültig oder gar abweisend, bestehe wenig Hoffnung, dass die Beziehung Bestand haben wird.

Natürlich greift der Bird Test im realen Leben zu kurz. Niemand, der sich seriös mit Beziehungen beschäftigt, käme ernsthaft auf die Idee, die komplexe Realität einer Partnerschaft auf einen Faktor zu reduzieren und diesen dann anhand einer einzigen Situation zu beurteilen. Und trotzdem werden Clips mit dem Bird Test und anderen simplen Beziehungshacks millionenfach angeschaut. Warum sind sie so beliebt? Was fasziniert uns an ihnen?

Ich glaube, es liegt daran, dass man erahnen kann, wenn solche Beziehungshacks auf Ansätzen beruhen, die wirklich hilfreich sind. Ansätze, die wissenschaftlich belegt und über Jahre erprobt sind.

Der Bird Test beispielsweise ist eine starke Vereinfachung der Schiebetür-Momente von John Gottman. Eine beiläufige Bemerkung wie „schau mal, ein Vogel“ ist oft ein Beziehungsangebot, mit dem man eine Schiebetür zum Partner hin öffnet. Ob der Partner dies dann wahrnimmt und auf das Beziehungsangebot eingeht oder die geöffnete Schiebetür ein ums andere Mal zuschlägt, hat auf die Dauer tatsächlich Einfluss auf das Gelingen einer Beziehung.

Diese viralen Beziehungshacks sind also nicht ohne Grund so beliebt. Sie sind meist eine (zu) starke Vereinfachung eines wichtigen Konzepts. Und noch etwas haben sie gemeinsam: Es geht immer um den anderen und nie um mich. Die Frage ist nicht, ob ich auf Beziehungsangebote positiv reagiere, sondern ob mein Partner alles richtig macht. Und so suggerieren diese Videos, dass dem anderen ein Verhalten oder eine Charaktereigenschaft fehlt, die er bräuchte, damit ich glücklich werden kann.

Den Fokus auf den anderen statt auf mich selbst zu richten mag angenehm sein, doch hilfreich ist es nicht. Wenn wir über kritische Aspekte unserer Beziehung nachdenken, sollten wir uns fragen, was wir selbst zu einer Verbesserung beitragen können. Unsere erste Antwort auf diese Frage ist normalerweise ein schnelles „Nichts! Ich kann doch nichts dafür, dass er/sie …“. Aber mit etwas Abstand stellen wir oft fest, dass das nicht stimmt. Häufig haben wir einen Handlungsspielraum. Auch wenn man diesen in keinem 20-Sekunden-Reel entdeckt, lohnt es sich trotzdem, danach Ausschau zu halten. Denn wie wir alle aus eigener Erfahrung wissen, kann man das Verhalten seines Partners nicht ändern. Sein eigenes hingegen sehr wohl.

 

NEXT LEVEL FÜR MEINE BEZIEHUNG:

Denke an eine aktuelle Herausforderung in eurer Beziehung. Wie kannst du selbst Verantwortung dafür übernehmen?

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