Dass es immer zwei braucht zum Streiten, lernen wir schon im Kindergarten. Dieser Satz ist aber nicht nur eine Allzweckwaffe zum Entschärfen von Konflikten zweier Rotznasen. Dahinter steckt eine tiefe Einsicht, welche auch für unsere Beziehungen als Erwachsene gilt.

Meine Erfahrung ist, dass bei den meisten Konflikten in der Partnerschaft eine Dynamik im Spiel ist. Das bedeutet, dass beide Partner zu einem Problem beitragen. Die Suche nach dem Schuldigen könnten wir uns in vielen Fällen sparen, beide sind mitschuldig. Es gibt kein Opfer, denn beide sind auf ihre Weise Täter.

Diese Sicht auf Beziehungen kann manchmal aber etwas unangenehm sein. Ich kann nämlich nicht mehr länger denken, dass meine Frau eben eine Charakterschwäche in diesem oder jenem Bereich hat und mich so aus der Verantwortung ziehen. Nein, nicht meine Frau hat ein Problem, sondern wir haben diese Dynamik in unserer Beziehung. So bin ich aufgefordert, meinen Teil zur Veränderung der Paardynamik beizutragen.

Auf den ersten Blick ist Micha krankhaft eifersüchtig. Es scheint klar, Micha ist der Täter. Erst bei genauerem Hinsehen wird klar, dass Michas Eifersucht von Danielas flirtendem Umgang mit anderen Männern genährt wird. Aha, Daniela ist also die Täterin. Daniela wiederum bekommt wenig Aufmerksamkeit von Micha und muss sich unbewusst immer wieder seiner Liebe versichern. Nur wenn ihr Mann eifersüchtig ist, merkt sie, dass er sie wirklich liebt und will.

Dieses Beispiel ist typisch. Beide sind auf eine Art Täter, denn beide tragen zu diesem Konflikt bei. Wenn eine Person aus diesem Muster aussteigt, funktioniert die Dynamik nicht mehr.

Der Satz „Es braucht immer zwei zum Streiten“ stimmt zwar meistens, hat aber einen Haken. Wer nämlich bei Konflikten von der Dynamik und vom Anteil des anderen spricht, ist wahrscheinlich selbst auf dem Holzweg. Wenn es um Michas starke Eifersucht geht und er dann schon sehr bald behauptet, dass er wegen Danielas Umgang mit anderen Männern so reagiert, lenkt er damit die Aufmerksamkeit weg von sich und hin zu ihr.

Das Wissen, dass es immer zwei zum Streiten braucht, darf nur in eine einzige Richtung angewendet werden: gegen mich selbst. Es hilft mir dabei, meinen eigenen Anteil zu sehen. Nur wenn ich zuerst meinen Anteil suche und dafür Verantwortung übernehme, kann es funktionieren. Wer hingegen beginnt, den Anteil des Gegenübers zu suchen, will damit oft von der eigenen Verantwortung ablenken.

 

NEXT LEVEL FÃœR MEINE BEZIEHUNG:

Denke an einen Konflikt in eurer Partnerschaft. Welche Dynamik greift da und was trägst du dazu bei?