Wenn sich zwei Menschen in einer Beziehung emotional nahe kommen, wird es unweigerlich auch zu Verletzungen kommen. Auch wenn das Paar noch so sorgfältig miteinander umgeht, werden sie sich gegenseitig weh tun. In den meisten Fällen geschieht dies nicht mal bewusst. Oft sind es kleinere Enttäuschungen, manchmal aber fügt sich ein Paar auch weit stärkere Verletzungen zu, die mitunter traumatisch sein können.
Genau das geschah mit Lea und Thomas. Als Thomas Lea sagte, dass er Prostatakrebs habe, war sie mit ihren Gefühlen überfordert. Sie sagte ihm deshalb einfach, dass dieser Krebs wahrscheinlich geheilt werden könne und zog sich in ihr Büro zurück.
Als Lea in den folgenden Monaten und Jahren Thomas ihre Unterstützung und Liebe anbot, zog er sich jeweils zurück. Er erinnerte sich, wie verletzt er sich an jenem Tag gefühlt hatte und nachdem Lea ihn so behandelt hatte, konnte er ihr einfach nicht mehr vertrauen.
Glücklicherweise kann ein solches Trauma aufgearbeitet werden. Dafür muss nicht einfach nur genug Zeit verstreichen. Nein, es braucht einen bewussten ersten Schritt, der viel Mut erfordert: Die Situation und die daraus entstandene Verletzung muss angesprochen werden. Als Thomas und Lea darüber zu sprechen begannen, erfuhr Thomas, dass Lea eine Stunde lang für sich alleine weinte, als sie zur Arbeit ging und ihn in der Küche stehen ließ. Sie fühlte sich hilflos, hatte Angst und wollte nicht, dass er das mitbekam.
Thomas machte den ersten Schritt und sprach das Thema an. Lea zeigte volles Verständnis und entschuldigte sich bei ihm, dass sie ihn in dieser Situation so stark verletzt hatte. Nun ist es an Thomas, Lea zu vergeben. Vergeben bedeutet nicht, Leas Verhalten gutzuheißen oder schönzureden. Es bedeutet vielmehr, dass Thomas den Anspruch auf einen Ausgleich durch Wiedergutmachung oder Bestrafung von Lea fallen lässt. Dies kann ein langer Prozess sein, an dessen Ende Thomas seine Verletzung wirklich aus tiefstem Herzen loslassen kann und dadurch sein Trauma geheilt wird. Dieser Weg ist herausfordernd, aber es lohnt sich, ihn zu gehen. Oder wie es der brillante C.S. Lewis formuliert hat: „Jeder hält Vergebung für einen schönen Gedanken – bis er selbst einem anderen vergeben soll.“
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Welche Verletzungen trägst du noch mit dir rum?