FAMILYLIFE
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Lisa hat verschlafen und ist zu spät zur Teamsitzung gekommen. Sie ist frustriert. An der Kaffeetheke drängelt sich ihr Kollege Max versehentlich vor. Normalerweise würde Lisa nichts sagen, aber heute fährt sie ihn gereizt an: „Hast du nicht gesehen, dass ich hier stehe?“ Max entschuldigt sich verdutzt.

Dass unsere Gefühle unser Verhalten beeinflussen, ist allen klar. Lisa hätte nicht so unfreundlich reagiert, wenn sie sich besser gefühlt hätte. Doch es funktioniert auch umgekehrt: Unser Verhalten beeinflusst auch unsere Gefühle. So zum Beispiel bei Tom. Nach einem langen Tag ist er gestresst und schlecht gelaunt. Obwohl er keine Lust hat, geht er mit ein paar Freunden essen. Im Laufe des Abends, während des Gesprächs und Lachens merkt er, wie seine Laune sich hebt und der Stress langsam verschwindet. Unsere Gefühle und unser Handeln beeinflussen sich also gegenseitig. Sich das mal wieder bewusst zu machen, kann hilfreich für die Partnerschaft sein.

Es ist schwierig, unsere Gefühle gegenüber dem Partner auf die Schnelle zu ändern. Wenn er den Abwasch nicht gemacht hat oder sie vor anderen eine abfällige Bemerkung über dich macht, fühlst du dich alleingelassen oder nicht wertgeschätzt. Da nützt es herzlich wenig, wenn du versuchst, dich jetzt anders zu fühlen.

In der Regel lassen wir in einem solchen Fall unsere Emotionen unser Handeln bestimmen. Unsere negativen Gefühle führen zu einer angriffigen oder schmollenden Reaktion, die uns direkt in einen Konflikt schlittern lässt.

Zum Glück ist es kein Naturgesetz, dass wir uns unseren Gefühlen entsprechend verhalten müssen. Im Gegenteil: Wir können unser Verhalten gezielt einsetzen, um unsere negativen Gefühle zu verändern. Wenn wir uns so verhalten, als ob wir ein bestimmtes Gefühl für unseren Partner oder unsere Partnerin hätten, wird sich dieses Gefühl oft auch einstellen. Wenn wir unseren Partner zum Beispiel freundlich behandeln, werden wir uns bald auch so fühlen, auch wenn wir vorher vielleicht wütend waren.

Ich plädiere auf keinen Fall dafür, seine Gefühle zu übergehen und immer so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Das ist ungesund und vor allem nicht nachhaltig. Negative Gefühle sollen wahrgenommen und als Signale anerkannt werden, dass etwas nicht stimmt. Die Kunst besteht darin, sich dann nicht von ihnen leiten zu lassen, sondern sich trotzdem liebevoll, wohlwollend oder versöhnlich zu verhalten. Das wiederum wird dazu führen, dass unsere Gefühle nachziehen. Mit etwas Abstand können wir dann die Situation nochmals anschauen, die die negativen Gefühle ausgelöst hat.

Konkret könnte das so aussehen: Julia ist wütend auf ihren Partner Ben, weil er einen wichtigen Termin vergessen hat. Sie würde am liebsten distanziert bleiben und ihn ignorieren. Doch bewusst entscheidet sie sich, freundlich mit ihm zu reden und ihm von ihrem Tag zu erzählen. Während sie spricht und er ihr aufmerksam zuhört, merkt sie, wie ihr Ärger langsam abklingt und sie sich ihm wieder näher fühlt. Weil sich ihre Gefühle durch ihr Handeln verändert haben, kann sie nun auf eine konstruktive Art mit Ben ins Gespräch über die vergessene Verabredung kommen.

Next Level für deine Beziehung
Wann hast du dich zuletzt über dein Gegenüber geärgert? Wie haben deine Gefühle dein Verhalten beeinflusst? Und hättest du etwas tun können, um deine Gefühle zu verändern?

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