Eine meiner Töchter macht dieses Jahr einen mehrmonatigen Sprachaufenthalt in England. Um diesen Aufenthalt zu finanzieren, hat sie fünf Monate lang im Supermarkt Regale aufgefüllt. Ganz nebenbei hat sie viel über das Leben gelernt – und ich über das Elternsein.
Die folgende Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit – und über manche Erlebnisse unserer Tochter bei der Arbeit haben wir auch schallend gelacht.
Erstens: Was die Kunden angeht, gibt es nichts, was es nicht gibt. Wirklich nichts. Von harmlos bis zum absoluten No-Go. Da gibt es Kunden, die mit einer Backmischung für Karottenkuchen in der Hand minutenlang darüber diskutieren, ob für einen Karottenkuchen nicht die Backmischung für Zitronenkuchen besser geeignet wäre. Oder Kunden, die eine Flasche mit Kindermundspülung öffnen, daraus trinken, die Flasche wieder zurückstellen und die Person, die sie zurechtweist, beschimpfen. Oder Kunden, die (meist junge und weibliche) Angestellte grob belästigen. Meine Achtung vor dem Verkaufspersonal ist in den letzten Monaten um ein Vielfaches gestiegen.
Zweitens: Ferienjobs sind eine Schule fürs Leben. Das Kind lernt, Verantwortung zu übernehmen, in schwierigen Situationen durchzuhalten und zuweilen unbequeme Arbeiten zu verrichten. Außerdem entwickelt es ein Gefühl für den Wert des Geldes. Das sind unglaublich wertvolle Erfahrungen. Das Kind erlebt, dass sein Beitrag etwas bewirkt. Es hat etwas Neues gelernt und fühlt sich kompetent in dem, was es tut. Das heißt, es weiss, wie es seine Arbeit gut machen kann. Diese Erfahrung können wir auch jüngeren Kindern ermöglichen, wenn sie zum Beispiel in den Ferien mit Unterstützung der Eltern kleine Jobs übernehmen, wie für die abwesende Nachbarin die Pflanzen zu gießen oder ein Haustier zu füttern oder bei den Großeltern den Rasen zu mähen.
Drittens: Eltern sind Vorbilder für ihre Kinder. Das ist natürlich keine neue Erkenntnis, aber wir sind uns dessen oft nicht bewusst. Im Englischen spricht man von “role model”. Damit ist gemeint, dass wir für unsere Kinder modellieren, wie etwas gemacht wird. Unsere Kinder werden sich nicht daran erinnern, wie wir ihnen gesagt haben, dass sie freundlich sein sollen. Aber sie werden sich daran erinnern, wie wir die Angestellten im Supermarkt oder die Kellnerin im Restaurant behandelt haben. Nach ein paar Wochen im Supermarkt sagte meine Tochter eines Abends zu mir: “Mama, ich habe immer gedacht, dass alle Kunden so sind wie du.” Was wir tun, wie wir etwas tun, ob und wie wir andere Menschen wahrnehmen und behandeln: Das ist für unsere Kinder normal – so macht man es.
Die Erlebnisse meiner Tochter haben mir wieder bewusst gemacht, dass wir unser Leben nicht nur für uns selbst leben. Unser Verhalten hat immer Auswirkungen auf unsere Umgebung. Ich möchte bewusster darauf achten, mehr Freundlichkeit in meine kleine Welt zu bringen – immer wieder und immer öfter.
Viertens: Ein Lächeln kostet nichts und kann den Tag des Anderen wirklich besser machen. Die Erlebnisse meiner Tochter haben mir wieder bewusst gemacht, dass wir unser Leben nicht nur für uns selbst leben. Unser Verhalten hat immer Auswirkungen auf unsere Umgebung. Ich möchte bewusster darauf achten, mehr Freundlichkeit in meine kleine Welt zu bringen – immer wieder und immer öfter. Und ich möchte auch meine Kinder dafür sensibilisieren. Die Jahreslosung für das neue Jahr greift das auf: “Alles, was ihr tut, das sollt ihr in Liebe tun.” (1. Korinther 16 Vers 14)
Was lernen deine Kinder von dir über ihre Mitmenschen?
Wo und wie kannst du – im Beisein deiner Kinder – jemandem etwas Gutes tun?
Was könnt ihr als Familie Gutes tun? Wo können deine Kinder jemandem ein Lächeln schenken oder ein Kompliment machen?
Alexandra Kämpf ist verheiratet mit Richard. Zusammen haben sie drei Töchter im Alter von 11, 18 und 21 Jahren.
Sie arbeitet bei FAMILYLIFE und verantwortet dort den Elternbereich.