Wir spurten zum Bahnhof, vollgepackt – gefühlt mit dem halben Haushalt. Dabei wollen wir doch nur für vier Tage über Auffahrt ins Tessin fahren. Wieso schon wieder wollten wir überhaupt weg? Nach diesen endlosen Diskussionen, was die Kinder alles mitnehmen dürfen beziehungsweise eher zuhause lassen müssen. Nein, ein Plüschtier pro Person reicht und auch diese 10 Büechli nehmen wir nicht mit, da wir erstens keinen Platz haben und zweitens im Tessin sowieso andere Sachen machen werden. Ebenso braucht es nicht so viele Kleider für die Mittlere, die sich zurzeit gerne immer wieder umzieht.
Mit Müh und Not erreichen wir den Zug, da unsere Mittlere partout nicht an die Hand wollte und an jeder Ecke etwas Wichtiges sah, das begutachtet werden musste. Zum Glück stellt die SBB viel Rollmaterial zur Verfügung, so haben wir wenigstens genügend Platz – eine Befürchtung weniger, die hätte eintreten können.
In Bellinzona angekommen geht es in den Lockmodus. Schnell noch eine große Packung Gummibärchen kaufen, damit wir die Kinder während der Stunde Fußweg hoch zum Rustico gut motivieren können. Sich eine Geschichte nach der anderen ausdenken und so die Zeit spielerisch verbringen, ist die große Stärke meiner Frau. Als wir dann endlich beim Haus ankommen, sind wir Großen schon das erste Mal erledigt.
Die Kinder sind sofort im Ferienmodus. Sie erkunden mit den Kindern der zweiten Familie, die mitgekommen ist, die Umgebung und sind schnell ins Spiel vertieft. Die Strapazen der Reise sind sofort vergessen. Schnell wird dieses und jenes herausgeholt, braucht es Holz, Steine und Lehm und ein Häuschen entsteht. Wir Großen versuchen uns ebenfalls zurechtzufinden und staunen über die Energie der Kinder.
So vergehen die Tage im Flug. Viel zu rasch muss aller Karsumpel wieder zusammengeräumt und eingepackt werden.
Dann beginnt das ganze Rösslispiel von Vorne: Wieder kommen die Gummibärchen zum Einsatz und wir hoffen auf freie Plätze im Zug. Erledigt erreichen wir nach ein paar Stunden unser Zuhause. Die Kinder sind aufgekratzt und wissen sich nicht zu beschäftigen, da sie jetzt vier Tage lang mit ihren Freunden draußen herumtollen konnten. Wieso schon wieder geht man überhaupt weg? Wieso tut man sich das an?
Wenn man gut hinschaut, findet man immer etwas, für das es sich gelohnt hat.
Die Kinder zu erleben, wie sie in Spiel vertieft sind, die Umgebung entdecken, neue Fertigkeiten erlernen; über dem offenen Feuer zu grillen oder Pizza im Holzofen zu backen, was wir zuhause nicht können; sich zu freuen, dass die kleinste Tochter „nur“ dreimal in der Nacht erwacht statt wie zuhause vier- bis fünfmal; die schöne Aussicht für fünf Minuten im Liegestuhl zu genießen; mit unseren Freunden ein Glas Wein zu trinken, wenn die ganze Fuhre dann mal im Bett ist; den Kuckuck singen zu hören und die Freude im Gesicht deines ornithologischen Freundes zu sehen; etc. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Wenn man gut hinschaut, findet man immer etwas, für das es sich gelohnt hat.
Wo brauchst du den zweiten Blick, um die guten Seiten im Familienleben / Leben mit Kindern sehen zu können?
Felix Rechsteiner ist verheiratet mit Regula und hat drei Kinder zwischen 1 und 5 Jahren.Â
Er arbeitet bei Campus für Christus in der Lohnbuchhaltung, Administration und für das Magazin Amen.