Die Spannung zwischen Alt und Neu begleitet uns ein Leben lang. Alles Neue und Unbekannte hat einen besonderen Reiz. Wir greifen lieber zu neuen Kleidern, Gadgets und Büchern, statt die alten wiederzuentdecken. Weil uns unser aktueller Lieblingssong bald schon wieder langweilen wird, verlangen wir ständig nach neuer Musik. Und wir greifen jeden Tag dutzende Male zum Handy, um zu checken, was es Neues gibt.
Auf der anderen Seite lieben wir aber auch das Altbekannte. Es fühlt sich so vertraut und bequem an wie Schuhe, mit denen wir schon zehntausende Schritte gegangen sind. Es ist risikolos, weil wir wissen, wie es ausgeht. Routine vermittelt ein beruhigendes Gefühl von Sicherheit. Wir machen uns nicht verletzlich, wenn wir sagen, was wir schon immer gesagt haben und wenn wir tun, was wir bereits können.
In diesem Spannungsfeld zwischen Alt und Neu bewegt sich auch unsere Partnerschaft. Weil sie einigermaßen berechenbar und stabil ist, fühlt sie sich heimelig und sicher an. Aber wie beim Lieblingsschuh ist der Übergang zwischen gut eingelaufen und ausgelatscht fließend. Zu viel Routine in der Beziehung führt dazu, dass wir uns langweilen. Abwechslung, Überraschungen und Neues sind wesentliche Zutaten, die eine langjährige Beziehung spannend halten.
Das Neue sollte daher bewusst gesucht und kultiviert werden. Neurowissenschaftler haben gezeigt, dass Dopamin, das Belohnungshormon, eine Schlüsselrolle spielt, wenn wir etwas Neues erleben – das gilt auch für Partnerschaften. Es lässt uns wieder wie frisch verliebt fühlen und wirkt aphrodisierend.
Allzu oft geben wir uns der Lüge hin, dass es an unserem Gegenüber oder in unserer Beziehung nichts Neues mehr zu entdecken gibt. Dabei genügt manchmal schon eine simple Änderung der Fragen, die wir einander stellen, um neue Seiten aneinander zu entdecken. Allzu oft führen die immer gleichen Fragen zu den immer gleichen Antworten: Wie war dein Tag? Wie war die Arbeit? Was wollen wir essen? Wie geht es dir? Wie war dein Treffen?
Um neue Seiten an deiner Partnerin zu entdecken, kannst du dein Repertoire erweitern:
Gab es einen Moment, in dem du dich ganz gesehen gefühlt hast?
Welche Regel würdest du gerne brechen, wenn es keine Konsequenzen gäbe?
Was magst du an dir, was kaum jemand über dich weiß?
Gibt es einen Moment in deinem Leben, der dich für immer verändert hat?
Welche Lüge erzählst du manchmal über dich selbst – oder bist versucht, sie zu erzählen?
Den Partner als bekannt, sicher, vertraut und gleichzeitig als geheimnisvolles, nicht abschließend zu fassendes Wesen zu erleben, erzeugt eine Spannung, die unserer Beziehung guttut. Wenn wir das Altbekannte schätzen und das Neue bewusst suchen, gestehen wir dem anderen zu, sich verändern zu dürfen und halten unsere Partnerschaft lebendig.