Unsere Mittlere war in der dritten Klasse, als sie von ihrer Klasse zur Peacemakerin gewählt wurde. Die Aufgabe passte zu ihr und sie kann heute noch gut vermitteln – es sei denn, sie ist emotional stark involviert. Wenig später kam die grosse Schwester genervt aus der Schule nach Hause. Sie hatte im Turnunterricht Streit mit einem Klassenkameraden gehabt. Darauf meinte unsere kleine Peacemakerin (O-Ton): “Hätsch ihm haut eis söue uf d Schnurre gäh!” (ungefähr: Du hättest ihn halt verhauen sollen).
Im Zusammenleben entstehen Konflikte; wir alle streiten ab und zu. Und doch ticke ich in diesem Bereich ein bisschen merkwürdig. Selbst streiten finde ich ok. Aber ich mag es nicht, wenn meine Kinder miteinander streiten. Streiten sie, kollidiert das mit meiner Wunschvorstellung von Familie. Meine Kinder sollen sich innig lieben, immer füreinander da sein, nie streiten, keine lauten Worte brauchen und ganz sicher nie aufeinander losgehen. Idylle pur.
Keine einzige Familie, die wir näher kennen, ist so. Wir auch nicht. Unsere Kinder, die grosse Altersabstände haben, streiten regelmäßig in allen Kombinationen und über alles Mögliche. Und ich? Ich lerne, immer besser damit umzugehen.
Ich habe Abschied von meinem allzu romantischen Familienbild genommen und meine imaginäre Schiedsrichter-Pfeiffe weggeworfen. Ich habe aufgehört, jederzeit, sofort und ungefragt in ihre Konflikte einzugreifen. Das gelingt natürlich nicht immer. Manchmal bin ich müde oder habe den Kopf zu voll. Dann würge ich einen Streit meiner Kinder auch einfach mal ab. Das tönt dann so: “Heute nicht, hier nicht. Wenn ihr unbedingt streiten möchtet, dann macht ihr das in euren Zimmern, nicht hier am Esstisch. Stop. Wir können später darüber sprechen.” Das ist nicht ideal, aber in dem Moment müssen die Kinder meine Grenzen akzeptieren.
Aber ab und zu mische ich mich bewusst in gewisse Konflikte ein. Ein Konflikt ist tatsächlich auch eine Chance – die Möglichkeit, die Verbundenheit und Intimität zum Kind und unter den Kindern zu stärken. Es ist ok, wenn Kinder streiten und dabei lernen, ihre Konflikte selbst zu lösen. Idealerweise läuft das folgendermassen ab:
Mein Fazit ist: Kinder schätzen es, wenn sie an diese Punkte erinnert werden. Dranbleiben lohnt sich und Peacemaker zu werden, ist lebenslanger Prozess.
* Eingreifen im Notfall: Wenn ein Kind zu Schaden kommt, müssen wir natürlich einschreiten.
Wird in eurer Familie gestritten? Oder ist das ein Tabu?
Was macht es mit dir, wenn deine Kinder streiten? Wie reagierst du?
Versuche, in den nächsten Tagen einen Konflikt als Chance zu sehen und mit Hilfe des obigen Schemas aktiv mitzugestalten. Wie ist das für die Kinder und dich?