FAMILYLIFE
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Die beiden Begriffe «Bedürfnisse und Grenzen» begleiten Eltern über viele Jahre. Wir kommen nicht darum herum, gewisse Fragen für uns selbst zu klären und einen alltagstauglichen Umgang damit zu finden. Was steckt in diesen Begriffen? Haben sie eventuell einen Zusammenhang? Sind Grenzen gut oder schlecht? Welche Bedürfnisse hat mein Kind? Und was ist mit meinen Bedürfnissen als Mutter oder Vater? Als Mutter stelle ich mir diese Fragen regelmäßig. Eines habe ich über die Jahre gelernt: Es geht immer um Eltern und Kinder. Mal mehr um die einen, mal mehr um die anderen. Werfen wir einen Blick auf die Kinder.

Mein Mann und ich haben ein paar Jahre lang in unserer Kirchgemeinde Elternkurse angeboten. Da gab es jeweils ein Essen, Inputs zu bestimmten Themen und jede Menge Austauschmöglichkeiten für die Gäste. Vor dem allerersten Input haben wir jeweils eine Frage gestellt: Was findest du momentan bei der Erziehung / im Alltag deiner Kinder am schwierigsten? Unabhängig davon, ob die Gäste kleine oder große Kinder hatten, ging es in den Antworten häufig um Grenzen und ob und wie man diese setzt.

Es gibt wohl aktuell kaum eine umstrittenere Frage, sie steht im Raum wie der sprichwörtliche Elefant; in den Buchläden sind die Regale voll mit Erziehungsratgebern, die entweder davon abraten, Grenzen zu setzen, weil das dem Kind schadet – oder aber mit der gleichen Begründung dazu aufrufen. Viele Autoren sind der Meinung, dass es nicht möglich ist, angemessen auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen und Grenzen zu setzen. Andere erachten die Bedürfnisse der Kinder als sekundär.

Im oben erwähnten Elternkurs sind Grenzen ein Thema. Aber anstatt sich gleich mit diesem Thema zu beschäftigen, lernten die Eltern zuerst die fünf Sprachen der Liebe kennen (siehe Sich geliebt fühlen). Sie fanden heraus, wodurch sich ihr Kind am meisten geliebt fühlt, und setzten das in den nächsten Tagen und Wochen in die Tat um. Wenn wir die Eltern fragten, ob sich dadurch etwas verändert hatte, erzählten viele Eltern, dass das Kind entspannter und glücklicher sei und dass es einfacher sei, die richtigen Grenzen zu finden und (um)zusetzen. Zudem mussten häufig auch weniger Grenzen gesetzt werden. Was war passiert? Dadurch, dass die Eltern zuerst das Grundbedürfnis der Kinder nach Liebe und Annahme erfüllten, konnten die Kinder ihr Verhalten ändern und kooperieren. Selbst haben wir das mit unseren Kindern immer wieder erlebt. Vor ein paar Wochen hatte ich die Liebessprachen ziemlich aus den Augen verloren. Unsere Jüngste reagierte rasch darauf. Wir hatten plötzlich einen Mini-Teenager als Mitbewohnerin, alles und jedes wurde in Frage gestellt und das Miteinander war angespannt. Instinktiv intervenierte ich mehr und beharrte auf Grenzen, was nicht zielführend war. Zum Glück für unser Kind merkte ich schnell, dass der Pegelstand ihres Liebestanks tief war. Ihr in ihrer Sprache Liebe zu zeigen, war viel wichtiger als der einseitige Fokus auf ihr Verhalten. Unsere Erfahrung gleicht damit der vieler anderer Eltern.

Wir müssen dafür sorgen, dass der Liebestank des Kindes gefüllt ist. Erst auf dieser Grundlage können wir Grenzen setzen, zum Beispiel, weil ein Kind sich in Gefahr begibt oder durch sein Verhalten anderen Leid zufügt.

Wie gesagt, Grenzen setzen in der Erziehung ist umstritten. Meine Erfahrung ist, dass es dazugehört. Aber: Grenzen setzen um der Grenzen willen macht definitiv keinen Sinn. Wir müssen dafür sorgen, dass der Liebestank des Kindes gefüllt ist. Erst auf dieser Grundlage können wir Grenzen setzen, zum Beispiel, weil ein Kind sich in Gefahr begibt oder durch sein Verhalten anderen Leid zufügt.

Was es mit den Bedürfnissen der Eltern auf sich hat und was das mit Grenzen in der Erziehung zu tun hat, dazu später mehr.

Hast du schon herausgefunden, wodurch sich dein Kind am meisten geliebt fühlt? Hat ein gefüllter Liebestank bei deinem Kind Auswirkungen auf Situationen, in denen du als Mutter/Vater Grenzen setzen musst? Was ist anders?

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